Wir bauen ein Atomkraftwerk
Zur Reparatur von Nutzfahrzeugen, die Gase transportieren oder mit diesen betrieben werden, hat Frank Fahrzeugbau in Markranstädt bei Leipzig eine neue Halle errichtet. Der bauliche und technische Aufwand war enorm.
„Mein Sohn Andreas arbeitet im Unternehmen, ich arbeite am Unternehmen“, sagt Klaus Frank. Und: „Parallel zum Tagesgeschäft ist ein solcher Bau mit all seinen Herausforderungen und Tücken nicht machbar.“ Deshalb plante und beaufsichtigte der Seniorchef von Frank Fahrzeugbau trotz seines fortgeschrittenen Alters den Neubau einer Halle zur Reparatur von Nutzfahrzeugen, die Gase transportieren oder mit diesen
betrieben werden.
Herausforderungen und Tücken gab es einige, schließlich handelt es sich um einen Neubau ohne Vorbild – ein Erstlingswerk sozusagen. Die Ursprungsgedanken waren, sich auf künftige Nutzfahrzeugantriebe vorzubereiten und die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter zu verbessern.
Denn zuvor standen die genannten Fahrzeuge und die daran tätigen Mitarbeiter im Freien, selbst bei Niederschlägen und Minusgraden.
Der Neubau umfasst insgesamt 1.200 Quadratmeter, wovon 900 Quadratmeter für Gasfahrzeuge reserviert sind. Die restlichen 300 Quadratmeter bleiben Schwerlastfahrzeugen und Wehrtechnik vorbehalten. Im Detail und der Reihe nach: Der Erstprüfung von Gas gefahren, bevor die Fahrzeuge in die geschlossenen Hallenbereiche fahren, und dem Spülen von Gastransportern mit Stickstoff dient ein 150 Quadratmeter großer, sogenannter Havarie-Carport, der nach vorn und hinten offen ist.
Daran schließt sich links die Service- und Prüfhalle Wasserstoff an. 200 Quadratmeter groß, dient sie vor allem periodischen Prüfungen an Tankfahrzeugen. Wiederum links von diesem Bereich haben die Bauherren die 550 Quadratmeter große Servicehalle Cryotechnik untergebracht. Unter cryogenen Gasen sind tiefkalt verflüssigte Gase zu verstehen, beispielsweise Stickstoff, Sauerstoff, Kohlendioxid und Argon. Dort werden vor allem Fahrzeuge betreut, die solche Gase transportieren.
Sämtliche Hallenbereiche sind durch Brandschutzmauern getrennt. In relevanten Bereichen sind Gassensoren installiert: Werden zuvor definierte Schwellwerte überschritten, sorgen sie für das öffnen der Hallentore und Oberlichter sowie für das Ansaugen von Frischluft. Letzteres auch in den Arbeitsgruben. Weil insbesondere Wasserstoff leichter als Luft ist und mit dieser ein explosionsfähiges Gemisch bilden kann, müssen sich die Oberlichter in der Service- und Prüfhalle Wasserstoff explosionsgeschützt öffnen, konkret pneumatisch mittels Gaspatronen.
Apropos explosionsgeschützt: Die Eigenschaft wird in relevanten Bereichen auch für die Alarmierungselemente Blitzleuchten und Hupen gefordert, ebenso für die Lüfter. „Nach explosionsgeschützten Hupen haben wir lange Zeit gesucht, aber keine gefunden“, sagt Klaus Frank. „Allerdings sind die Hupen in benachbarten Bereichen derart laut, dass niemand einen Alarm überhören kann.“
Besonderen Aufwand erforderten auch andere Details der Gaswarnung. Dem Seniorchef fallen dazu diese beiden Punkte ein: „Die Fluchtweg-Hinweisschilder müssen auch an den Hallentoren beleuchtet und explosionsgeschützt ausgeführt sein. Im Fall eines Alarms öffnen jedoch sofort die Tore, sodass sich dort gar kein explosionsfähiges Gasgemisch sammeln kann. Und die Herstellerangaben der Lüfter scheinen unglaubwürdig zu sein, denn ihre Umwälzleistungen müssen zusätzlich geprüft werden. Insgesamt hat es viel Zeit und Geld gekostet, alle Anforderungen der Gassicherheit zu erfüllen.“
Chaotische Verhältnisse
Freude empfindet Klaus Frank hingegen über den Nutzen der Photovoltaikanlage auf dem Dach der neuen Halle: „Der an die Stadtwerke Leipzig vergebene Auftrag dauerte vom Montagebeginn bis zur Einspeisung mehr als elf Monate. Gründe dafür waren verzögerte Teilelieferungen und chaotische Verhältnisse vor Abnahme der Anlage durch Stadtwerke und Netzbetreiber. Doch die versprochene Einsparung bei den Energiekosten von rund einem Drittel trifft zu. Im Februar 2022, dem ersten vollständigen Monat der Nutzung, lagen die Kosten um 38 Prozent niedriger.“
Die gesamte Bauphase fasst Klaus Frank so zusammen: „Positiv war die Zusammenarbeit mit der Bauleitung des Hauptauftragnehmers Stahl- und Industriebau IBB, dem Projektbüro Pro Bau und zahlreichen Handwerksbetrieben aus dem Raum Leipzig. Negativ im Gedächtnis bleiben die große Zeitspanne vom Bauantrag im August 2018 bis zur Genehmigung im Herbst 2019 und ungezählte behördliche Nachforderungen. Allein die Gesetze und Verordnungen zur Gassicherheit füllen mehrere Ordner.“
Oldtimerszene
Nachdem im Oktober 2020 mit dem Bau der Halle begonnen wurde, stand der Rohbau im September 2021 – pünktlich für die 18. Deutschlandfahrt für historische Nutzfahrzeuge, deren Etappenziel Frank Fahrzeugbau war. Das Unternehmen ist mit Framo V901, Barkas B1000, IFA H6 und mehreren Anhängern auch in der Oldtimerszene aktiv.
Quellennachweis: Fahrzeug + Karosserie 5/2022 Peter Diehl, Fotos: Peter Diehl