Kein Frust bei Frost

Der Winter ist im Anmarsch. Mit etwas Kontrolle und wenigen Handgriffen lässt sich der Lkw winterfest machen. Wir schauen einem Azubi dabei über die Schulter.

Konrad Helbig absolviert bei Frank Fahrzeugbau in Leipzig eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker, er ist im zweiten Lehrjahr und bereitet heute die betriebseigene Zugmaschine auf den Winter vor. Neuere Fahrzeuge werden nach Wartungsplan gewartet, und jeder Hersteller hat seine eigenen Vorschriften und Empfehlungen. Bei MAN gibt es einen Wartungsdienst mit dem Baustein „Winterdienst“; grundsätzlich sinnvoll, wenn der Lkw häufig in Skandinavien unterwegs ist und extremen Minustemperaturen ausgesetzt ist. Auch bei älteren Fahrzeugen, die nicht mehr regelmäßig nach Wartungsplan überprüft werden, sollte man ein paar Dinge berücksichtigen, um gut und sicher durch den Winter zu kommen.

Kühlerfrostschutz

Das Kühlerfrostschutzmittel ist mit einer Messspindel schnell geprüft. Mercedes-Benz empfiehlt ein Mischungsverhältnis von 50 Prozent Wasser und 50  Prozent Frostschutzmittel. Diese Mischung reicht bis minus 37 Grad und sollte für die meisten Fahrzeuge und Einsatzbereiche ausreichen. Doch Vorsicht, viel hilft nicht immer viel und ist unter Umständen sogar kontraproduktiv. Mit einer weiteren Erhöhung des Frostschutzmittelanteils auf 55 Prozent wird der Frostschutz auf minus 45 Grad erhöht. Weitere Konzentrationserhöhungen können allerdings die Wärmeleitfähigkeit des Kühlmittels und somit die  Wärmeabfuhr beeinträchtigen und werden daher nicht empfohlen. Besonders für Speditionen, die auch im Winter häufig in sehr kalten Regionen unterwegs sind, ist ein korrektes Mischungsverhältnis unerlässlich.

Scheibenwaschanlage

Gleiches gilt für die Scheibenwaschanlage: während eine Mischung bis minus 30 Grad in unseren Breiten meist ausreicht, kann für bestimmte Gegenden eine höhere Konzentration nötig sein. Gute Sicht ist wichtig, und gerade in der nassen Jahreszeit sind die Scheibenwischer im Dauereinsatz. Alle Fahrer merken selbst, wenn die Wischerblätter verschlissen sind, ein prüfender Blick auf die Wischergummis sollte trotzdem zum Winterdienst gehören. Dank Standheizung (rechtzeitig auf Funktion prüfen) gehören festgefrorene Türdichtungen meist der Vergangenheit an, mit etwas Silikonspray auf den Dichtungen geht man aber auf Nummer sicher.

Motoröl

Über das Motoröl macht man sich im Winter wenig Gedanken, jedoch kann für Fahrzeuge, die im Winter viel in Skandinavien unterwegs sind, ein anderes Motoröl sinnvoll sein: „Dünnflüssigere Öle haben Vorteile beim Kaltstartverhalten, weil der Schmierstoff bei sehr tiefen Temperaturen schneller an alle zu ölenden Stellen gelangt. Man spricht von einer schnelleren Durchölung. Deshalb machen diese Öle in kalten Regionen durchaus Sinn“, erklärt Michael Scholer, Laborleiter von Liqui Moly.

Kraftstoff

Um Probleme mit im Winter ausflockendem Dieselkraftstoff zu verhindern, mischten früher manche Fahrer und Speditionen dem Tankinhalt Benzin oder Petroleum bei. In modernen Motoren sind solche Mischungen tabu: Bei der Verwendung von Petroleum kann wegen mangelnder Schmierfähigkeit das Einspritzsystem Schaden nehmen. Wird Benzin beigemischt, führt das zu einer Absenkung des Flammpunkts und ebenfalls zu einer Verringerung der  Schmierfähigkeit. Eine Empfehlung an die Fahrer können spezielle Additive sein, die die Fließfähigkeit des Diesels selbst bei unter minus 30 Grad  sicherstellen.

Lufttrockner

Das Wechselintervall der Lufttrocknerpatrone sollte unbedingt eingehalten werden. Schon nach wenigen Minuten Kompressorlaufzeit hat das Granulat so viel Feuchtigkeit aufgenommen, dass es regeneriert werden muss. Dabei strömt die Luft aus dem Regenerationsluftbehälter zurück durch die Trocknerpatrone, reißt die Feuchtigkeit vom Granulat mit und bläst sie ins Freie – das Granulat kann nun neue Feuchtigkeit aufnehmen. Zwar regeneriert sich das Trockenmittel so selbst, dennoch verschleißt es mit der Zeit und man sollte die Patrone rechtzeitig wechseln. Dringt erst Feuchtigkeit ins pneumatische System ein, können  Bremszylinder und pneumatische Ventile korrodieren und bei winterlichen Temperaturen sogar einfrieren. Bei der Gelegenheit kann auch gleich Wasser aus dem Kraftstofffilter abgelassen werden.

Reifen

Traktionsreifen auf der Antriebsachse sollen auch bei winterlichen Straßenverhältnissen funktionieren. Das klappt nur, wenn das Profil ausreichend tief ist. Während in Deutschland ganzjährig eine Mindesttiefe von lediglich 1,6 Millimetern vorgeschrieben ist, müssen es für Lkw in Österreich im Winter mindestens fünf Millimeter, in Tschechien sogar sechs Millimeter sein. Auf der Lenkachse sind ebenfalls Reifen mit M+S- und Schneeflockensymbol vorgeschrieben. Bei diesem Hinweis an die Fahrer kann man sie gleich daran erinnern, die Schneeketten wieder einzuladen.

Batterie

Wenn es nach Drehen des Zündschlüssels nur noch klackert, hat der Fahrer ein Problem – die Batterie ist zu schwach oder leer. Die häufigsten Ursachen für Batterieausfälle im Winter sind laut Varta Tiefentladung und Ladungsmangel. Bei Lkw im Fernverkehr wird die Batterieregelmäßig geladen, manche Fahrzeuge stehen jedoch längere Zeit auf dem Hof und werden nicht bewegt – die Batterie entlädt sich. Entgegen der allgemeinen Meinung mag es die Batterie lieber kalt.  Für die Lebensdauer bedeutet das, dass die Batterie im heißen Sommer mehr verschleißt als im Winter. Jedoch wird ihr beim Start im Winter, unter anderem  durch die Zähflüssigkeit des kalten Motoröls, deutlich mehr abverlangt als im Sommer. Daher kommt es oft erst im Winter zum Ausfall. Ein Batteriecheck vor dem Winter gibt Aufschluss über den Zustand des Akkus, bei herkömmlichen Batterien ist der Flüssigkeitsstand zu prüfen und bei Bedarf aufzufüllen. Die Verwendung von Polschutzspray ist laut Varta nicht unbedingt nötig, wichtig sei der feste Sitz der Polklemmen, die zudem frei von Korrosion sein sollen.

Quellennachweis: NFZ Werkstatt 04 2024 / Mathias Heerwagen, Fotos: FRANK Fahrzeugbau und Mathias Heerwagen