Warum Radfahren mehr Spaß macht als Fußball
Beim 19. Kindernachtrennen konnte der Nachwuchs zeigen, was er drauf hat und sich nebenbei Wünsche erfüllen.
Leipzig. Königsblau ist Fionas Fahrrad. Die Vierjährige sitzt stolz auf ihrem Sattel und strahlt so hell wie die Sonne an diesem Abend. In etwa einer Stunde tritt Fiona auf der Radrennbahn im Leipziger Stadtteil Kleinzschocher an. Es ist Freitagnachmittag, der 18. August, und das 19. Kindernachtrennen hat gerade begonnen.
Bei dem Ferienereignis fahren bis zu 600 Drei- bis Zwölfjährige auf dem Lauf- oder Fahrrad Runden auf der Bahn. Die Teilnahmegebühr beträgt sieben Euro. Ein Teil der Einnahmen aus Startgeldern und Tombola wird für einen guten Zweck gespendet. In diesem Jahr sind rund 2.050 Euro zusammen gekommen. Das Geld geht an den Tiergarten Tautendorf bei Leisnig. Der gemeinnützige Verein betreut in Not geratene Tiere und bietet therapeutische Arbeit für Kinder und Erwachsene an.
Fiona nimmt bereits zum zweiten Mal am Kindernachtrennen teil. Im vergangenen Jahr ist sie noch auf dem Laufrad gestartet. „Fiona hat andere Kinder auf dem Fahrrad fahren sehen und wollte das auch machen“, erzählt ihre Mutter Sylvia lächelnd. Gesagt, getan. Fionas Eltern kauften das königsblaue Rad und brachten ihrer Tochter bei, wie man in die Pedale tritt. „Das hat nur zwei oder drei Tage gedauert“, erinnert sich Sylvia. Seitdem fährt sie mit Fiona regelmäßig Fahrrad. „Sie schafft sogar Strecken über fünf Kilometer“, sagt die 35-Jährige und klingt selbst erstaunt über die körperliche Leistung ihrer Tochter. Da sind die 400 Meter auf der Radrennbahn ein Klacks.
Auch Kinder können Profis sein
Mit dem Kindernachtrennen möchte Veranstalter SC DHfK Nachwuchs für den Radsport finden. „Interessierte Kinder können gerne zum Probetraining vorbeikommen“, ermutigt Andreas Frank. Vor 18 Jahren hat er die Veranstaltung ins Leben gerufen. Bei Louis und Philip Bosniatzki hat das bereits geklappt: Die 12-jährigen Zwillinge fahren seit zwei Jahren Rennrad auf der Bahn und der Straße. Ihre Leidenschaft haben sie von ihrem Vater: 2022 gewann Marek Bosniatzki die Deutschen Meisterschaften im Straßenradsport in der Klasse Senioren 2 . „Beim Rennrad fahren musst du durchziehen. Das finde ich toll daran“, sagt Louis. In seiner Freizeit spielt er auch gern Fußball, wo er eher mal eine Pause machen könne. Auf dem Rennrad gehe das nicht: „Da muss ich eine Strecke oder eine gewisse Anzahl an Runden in kürzester Zeit schaffen. Also durchziehen.“
Vor dem offiziellen Beginn jedes Kindernachtrennens treten die Nachwuchssportlerinnen und -sportler der Lizenzklassen U9 bis U13 gegeneinander an. Beim Rennen der U13 holt Louis am Freitag den ersten Platz, sein Bruder Philip landet auf Rang zwei. Beide sind zufrieden mit ihrer Leistung. Konkurrenzkampf herrsche nicht zwischen ihnen. „Wir passen aufeinander auf beim Fahren.“
Das Beste: Die vorbeiziehende Landschaft
Am Kindernachtrennen nimmt auch Paul teil. Der Siebenjährige trägt ein Trikot seines Triathlonvereins, der Tristars Markleeberg. Sein Vater und seine älteren Geschwister sind dort ebenfalls Mitglied. Durch sie ist er auf die Sportart gekommen. Was macht ihm am meisten Spaß: Schwimmen, Laufen oder Radfahren? „Radfahren“, antwortet Paul bestimmt. „Da zieht die Landschaft so schnell an einem vorbei. Das ist toll.“
Mit dem Fahrrad fährt Paul auch jeden Tag zu Schule. Am Wochenende radelt er mit seiner Familie oft an den Störmthaler See. Strecken von 20 bis 30 Kilometern Länge sind kein Problem für ihn, sie machen ihm Spaß. Er tritt an diesem Abend an, weil er gern einen ganz bestimmten Preis gewinnen würde: eine Runde im Mercedes auf der Radrennbahn mitfahren. „Das wäre toll“, sagt Paul und seine Augen werden groß dabei. Entsprechend gibt der Junge alles – und schafft es als Erster ins Ziel. Kinder können eben alles erreichen, wenn sie wollen.
Quellennachweis: Leipziger Volkszeitung vom 21. August 2023, / Leonie Beyerlein, Fotos: André Kempner